Publikation Dr. Tanja Bendele - 9/2025 - CHEManager
Öffentliche Förderung markenrechtlicher Geschäftsmodelle von NGOs setzen falsche Anreize.
Als ob die Herausforderungen für eine erfolgreiche Kreislaufwirtschaft nicht schon groß genug wären, werden sie auch noch von öffentlich geförderten Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und neuen Prinzipien verkompliziert, wie dem 10-R-Modell der Kreislaufwirtschaft, einer Weiterentwicklung des 3-R-Konzepts: Reduce, Reuse, Recycle. Demgegenüber sinnvoll und zu begrüßen sind Maßnahmen auf EU-Ebene, die eine vertragliche Einschränkung von Reparaturen gekaufter Produkte, selbst bei Zustimmung durch den Kunden, verbieten.
Bereits seit 1903 ist in Deutschland Pfand auf Mehrwegflaschen etabliert. Seit den 1990er Jahren existiert ein Duales System für Verkaufsverpackungen. Weitere etablierte Maßnahmen zur Förderung der Kreislaufwirtschaft sind generationenübergreifende Verwendung, Wiederverwendung, Mehrwegsystem, Reparieren, Recycling sowie die Rückgewinnung von Rohstoffen. Darüber hinaus ist für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft ein marktwirtschaftlicher und innovationsfreundlicher gesetzlicher Rahmen erforderlich. Unternehmen sollten dabei nicht in zertifizierte Lizenzsysteme und Dauerschuldverhältnisse von Markeninhabern gedrängt werden. Auch die Forderung zur Offenlegung von Produktions-Know-how ist zurückzuweisen, wie sie z. B. Konzepte wie Product-as-a-Service, Cradle-to-Cradle oder auch das Ende 2023 veröffentlichte und mit öffentlichen Mitteln finanzierte Diskussionspapier „Wertvoll für die Kreislaufwirtschaft, aber zu gut geschützt“ von Germanwatch. Die NGO beruft sich darin auf ein Rechtsgutachten einer Kanzlei. In diesem werden sog. Zielkonflikte mit dem Immaterialgüterrecht, wie Designrecht und Patentrecht, identifiziert, die in dem genannten Ausmaß nicht vorliegen. Die Publikation fordert u. a. ein Recht auf Reparatur in Bezug auf Design- und Patentschutz gegenüber den jeweiligen Rechteinhabern.
Aktuelle Schutzrechte verhindern Kreislaufwirtschaft nicht
Dabei wird verkannt, dass es im europäischen Recht einen umfänglichen Erschöpfungstatbestand gibt: Das heißt, wurde ein Produkt in Verkehr gebracht, kann der Rechteinhaber nicht mehr kontrollieren, wie dieses weiterverkauft, verschenkt oder verliehen wird. Sein Vertriebsrecht an diesem konkreten Produkt gilt als erschöpft.
„Die Neuherstellung bleibt dem Patentinhaber vorbehalten.“
Das Designgesetz regelt, dass sich die Rechte aus einem eingetragenen Design nicht auf Handlungen, die ein Erzeugnis betreffen erstreckt, in das ein unter den Schutzumfang des Rechts an einem eingetragenen Design fallendes Design eingefügt oder bei dem es verwendet wird, wenn das Erzeugnis vom Rechtsinhaber oder mit seiner Zustimmung in der EU oder dem europäischen Wirtschaftsraum (EU/ERW) in den Verkehr gebracht worden ist.
Eine Entsprechung gibt es im Patentrecht, die im Einheitspatentsystem gesetzlich normiert wurde. Auch für Bündelpatente gilt der Erschöpfungsgrundsatz in Deutschland entweder aus der Übertragbarkeit der Regelung aus dem Einheitspatentgesetz oder nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH). So ist gemäß dem BGH das Ausschließlichkeitsrecht aus einem Patent, das ein Erzeugnis betrifft, hinsichtlich solcher Exemplare des geschützten Erzeugnisses erschöpft, die vom Patentinhaber oder mit seiner Zustimmung in Verkehr gebracht worden sind. Ebenso ist der bestimmungsgemäße Gebrauch der Erzeugnisse zulässig, den der BGH deutlich vor 2023 konkretisiert hat. So soll auch die Erhaltung und Wiederherstellung der Gebrauchstauglichkeit zum bestimmungsgemäßen Gebrauch zählen, wenn eine Beeinträchtigung der Funktions- oder Leistungsfähigkeit des in den Verkehr gebrachten Exemplars durch Verschleiß, Beschädigung oder aus anderen Gründen eingetreten ist. Ein Austausch von Verschleißteilen gilt als Wartung, wenn diese bspw. auf Grund der Formgebung keiner Funktion dienen.
Nicht als Wiederherstellung gelten Maßnahmen, die nicht mehr die Identität des in Verkehr gebrachten Exemplars wahren, sondern darauf hinauslaufen, tatsächlich das patentgemäße Erzeugnis erneut herzustellen. Die Neuherstellung bleibt dem Patentinhaber vorbehalten. Innerhalb von Grenzen ist somit auch in der Kreislaufwirtschaft ein Refurbishment im Sinne von geprüft, gereinigt und repariert patentrechtlich möglich.
Darüberhinausgehende Maßnahmen können diesseits nicht mehr als im Sinne einer Kreislaufwirtschaft begründet werden und könnten u. a. dem Wunsch einer leistungslosen Aneignung von Geschäftsgeheimnissen, einem Geschäftsmodell oder Ablehnung von gewerblichen Eigentumsrechten entspringen. Auch ein Recycling der Erzeugnisse oder eine Wiedergewinnung von Rohstoffen stellen keine Hindernisse dar, sofern keine spezifischen Schutzrechte bspw. auf entsprechende Verfahren vorliegen.
Abgrenzung zur Neuherstellung wichtig
Die von Germanwatch im Dezember 2023 vorgeschlagene „Reparaturklausel“ im Patentrecht war zum damaligen Zeitpunkt bereits durch die Gesetzeslage und deutsche Rechtsprechung überholt. Auch erscheint es überflüssig Open-Hardware-Lizenzen vorzuschlagen, wenn dieser Vorschlag nicht dem Versuch entspringt, dies langfristig gesetzlich zu fordern. Überbordende Umweltzertifizierungen als Geschäftsmodelle mit Lizenzen für die Benutzung von Marken von NGOs unter Nutzung von Geschäftsgeheimnissen der Schutzrechtsinhaber sollte seitens der EU eingedämmt werden, um Investitionen in technische Innovationen nicht zu gefährden.
„Innerhalb von Grenzen ist auch in der Kreislaufwirtschaft ein Refurbishment patentrechtlich möglich.“
So enthält der „Draghi-Report“ die Feststellung zur Kreislaufwirtschaft: „It is lacking a comprehensive strategy covering all stages of the supply chain (from exploration to recycling) … . An other obstacle is the investment in infrastucture for circularity“. Sinnvoll könnte die Förderung einer innovativen Kreislaufwirtschaft sein, in der sich Mittelstand, Industrie und/oder Forschungseinrichtungen gemeinsam entschließen für bestimmte Produktgruppen ein Wiederaufbereitungs-, Recyclingverfahren oder Verfahren zur Rückgewinnung von Rohstoffen zu entwickeln, statt einer Förderung von NGOs ggf. mit Lizenzmodellen.
Die Leistungen von technisch innovativen Vorreitern sollte zur Norm werden. Auch schrittweise eingeführte Anforderungen an die Funktionsbeständigkeit, Zuverlässigkeit, Reparierbarkeit, Nachrüstbarkeit, Wiederverwendbarkeit und Recyclingfähigkeit wird innovativere Produkte „Made in EU“, die durch Schutzrechte gegenüber Nachahmern geschützt werden können, fördern.
Eine Förderung von EU-Forschungskooperationen in der Kreislaufwirtschaft, insbesondere bei modularen Systemen, bieten sich an. Dazu kann es sinnvoll sein, bei sehr hohen Förderquoten (z. B. ab 80 %) vorzusehen, dass in der Kooperation ein Patentpool gebildet wird und zusätzlich individuelle Patente angemeldet werden. Im Pool könnte bspw. nach einer gewissen Zeit der Exklusivität zur Nutzung der Innovationen durch die Kooperationspartner (bspw. nach Ablauf einer Verwertungssperre für Dritte, ggf. sechs Jahren), eine Lizenzvergabe und Weitergabe von Know-how an Dritte vorgesehen werden, um die Anwendungen in die Breite zu tragen und eine Refinanzierung der Förderung zu ermöglichen.
Es wird daher gefordert, Innovationen und Kooperationen in der Kreislaufwirtschaft zu fördern und die öffentliche Förderung von NGOs, die auf markenrechtlichen, nicht technisch forschenden Geschäftsmodellen beruhen könnten, zu überdenken.